„Mir wird nicht langweilig“

Veröffentlicht am 01.12.2014 in Landespolitik

Meinung am Montag: Günther Ramsauer hört Mitte Dezember nach fast 14 Jahren im Landtag auf. Der 65-jährige SPD-Berufspolitiker geht in den landespolitischen Ruhestand. Ein Gespräch über die Zeit danach, den Zustand der Ludwigshafener SPD und das politische Klima in Mainz.

 

Herr Ramsauer, haben Sie Bammel davor, politischer „Rentner“ zu werden?

Nein, überhaupt nicht. Zum einen bleibe ich ja noch im Bezirkstag Pfalz aktiv . Außerdem habe ich ein äußerst lebendige Familie mit zwei Enkelinnen – die eine ist noch nicht ganz ein Jahr, die andere bald fünf Jahre alt. Dann habe ich noch Engagements im kirchlichen Bereich. Also mir wird es bestimmt nicht langweilig.

 

 

Was wird Ihnen denn fehlen – und was überhaupt nicht?

Was mir überhaupt nicht fehlen wird, sind die täglichen übertriebenen Auseinandersetzungen in der Politik. Das ist in den letzten Jahren im Landtag und den Gremien eskaliert. Irgendwann ist man das leid. Das war früher anders. Das Klima hat sich verändert. Was mir fehlen wird, ist der häufige Kontakt mit Kollegen, mit denen ich persönlich befreundet bin.

 

Bevor Sie Berufspolitiker geworden sind, waren Sie Lehrer. Kann man von der Schule etwas in die Politik übertragen?

Es gibt durchaus gruppendynamische Prozesse in Schulklassen, Lehrerkollegien und in der Politik, die ganz ähnlich ablaufen.

 

Was meinen Sie damit?

Das Reagieren auf Konflikte oder Machtausübung, das kann man schon in der Schule studieren.

 

Ihren Wahlkreis in Ludwigshafen übernimmt Heike Scharfenberger – sie ist Ruchheimer Ortsvorsteherin, SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzende und dann Landtagsabgeordnete. Bekommt man das zeitlich unter einen Hut?

Das ist ein großes Paket, was sie da hat. Das wird sie selbst nach einer gewissen Zeit beurteilen müssen. Es kommt darauf an, wie viel Freizeit man für sich braucht. Wenn man man das richtig einteilt, geht es wohl – aber es ist eine Menge.

 

Zur Lage der Ludwigshafener SPD: Viele – auch Sie – haben sich gefragt: Kann ein so junger Mensch wie der inzwischen 25-jährige David Schneider Parteivorsitzender der altehrwürdigen SPD werden. Vor einer Woche hat er seine erste Stadtverbandskonferenz geleitet. Wie ist Ihr Eindruck gewesen – kann’s Schneider?

Ja, er kann’s. Er hat das wirklich sehr gut gemacht. Ich habe den Eindruck, das ist nicht nur eine Eintagsfliege. Er hat die Konferenz sehr gut vorbereitet und genau gewusst, worauf es ankommt. Er hat die Partei hervorragend eingestimmt.

 

Die Versöhnungsgeste zwischen Schneider und seinem vormaligen Konkurrenten um den Parteivorsitz Markus Lemberger wurde mit viel Applaus bedacht – haben sich jetzt wieder alle lieb bei der SPD?

Jedenfalls hat es mich besonders gefreut. Ich fand es ein Zeichen von Größe, dass sich der erfahrene Markus Lemberger nach seiner Wahlniederlage bereiterklärt hat, gemeinsam mit dem jungen David Schneider weiterzuarbeiten. Die beiden haben das gut vorbereitet und vorher miteinander gesprochen – das war großartig.

 

Ein Blick in die Zukunft: Wer ist Ihr Favorit für die Oberbürgermeister-Wahl 2017: Dieter Feid, Jutta Steinruck oder Anke Simon?

Ich bin seit acht Jahren nicht mehr Vorsitzender der Ludwigshafener SPD. Deshalb wird es von mir keine unerbetenen öffentliche Ratschläge oder Vorschläge geben.

 

Frau oder Mann – was wäre bei der OB-Wahl die bessere Lösung?

Sowohl als auch. Die Dominanz der Frauen in der Ludwigshafener SPD ist stark. Sie könnte noch stärker werden. Aber es wäre auch kein Unglück, wenn ein Mann antreten würde. Es geht darum, wer die besten Chancen und die beste Qualifikation hat.

 

Und wer hat sie?

Das kann ich nicht beurteilen.

 

Sie könnten schon, wollen aber nicht?

Das müssen diejenigen in der Partei, die Verantwortung tragen, miteinander herausfinden. Es ist ja auch noch Zeit. Ich mische mich da nicht ein – man müsste ja auch wissen, ob OB Eva Lohse wieder für die CDU antritt.

 

Haben Sie da Zweifel?

Sie ist dann 60 Jahre, Präsidentin des Deutschen Städtetags, hat zwei Amtsperioden hinter sich – das muss man sehen, ob sie dann amtsmüde ist.

 

Zurück zur Landespolitik. Was war Ihr größter politischer Erfolg, woran hätten Sie gerne weitergearbeitet?

Mein größter Erfolg war, dass ich mit die Weichen für eine bessere Finanzierung der Städte im Land gestellt habe. Wir haben einen Kommunalen Entschuldungsfonds geschaffen und eine Umlage, die nicht mehr nur von der Steuerkraft einer Stadt ausgeht. Das schafft auch Ludwigshafen etwas Luft, beide Dinge helfen, die Schuldenlast zu mildern – auch wenn sie bei weitem nicht die Lösung für alle Finanzprobleme ist. Und ich habe dazu beitragen können, dass die Finanzarchitektur zwischen Bund, Ländern und Kommunen intensiver diskutiert wird. Ich hätte gerne noch mitgeholfen, die bessere Neuverteilung der Steuereinnahmen auf den Weg zu bringen.

 

Hat Politik Spaß gemacht in all den Jahren?

Meine Bilanz ist positiv. Ich hatte vier Berufe: Ich war Chemielaborant, dann Lehrer, dann Schul- und Bildungsdezernent und jetzt Landtagsabgeordneter. Ich habe in allen Berufen gute Zeiten gehabt, und das hat Spaß gemacht – auch wenn es in der Politik gerade in den letzten Jahren schwierig war. Im Nachhinein betrachtet, war ich zur richtigen Zeit in den jeweiligen Positionen gut aufgehoben.

 

Trotz der Nürburgring-Affäre?

Trotz der Probleme, die der ein oder andere Fehler verursacht hat.


Zur Person

Günther Ramsauer ist 65 Jahre alt, verheiratet, hat eine Tochter und zwei Enkel. Nach einer Ausbildung zum Chemielaborant machte er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur und wurde Lehrer, zuletzt als Rektor an einer Hauptschule. Von 1991 bis 2001 war er Kultur- und Bildungsdezernent in Ludwigshafen, von 1996 bis 2006 Vorsitzender der SPD Ludwigshafen. Seit 1999 ist der Maudacher SPD-Fraktionschef im Bezirkstag der Pfalz. 2001 wurde er Landtagsabgeordneter, 2006 stellvertretender Vorsitzender der Landtagsfraktion.

(Rheinpfalz vom 01.12.2014)

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