Ein Fest und 40 Platanen

Veröffentlicht am 17.01.2017 in Kommunales

Platz-Geschichten (2): Im Stadtteil Hemshof liegt der Goerdelerplatz. Mehrmals ist er umbenannt worden. Er ist Marktplatz an den Samstagen, ansonsten Parkplatz für Besucher der umliegenden Geschäfte und Restaurants – darunter das Gasthaus „Maffenbeier“, das auf eine 140-jährige Geschichte zurückblickt.

Der Goerdelerplatz als Herzstück des Hemshofs hat bewegte Zeiten hinter sich. Seit 1901 besteht die Freifläche, die als Marktplatz schon immer ein Symbol für das Leben in dem Stadtteil darstellte. Daran hat sich bis heute nichts geändert, versichert Ortsvorsteher Antonio Priolo (SPD). „Wir sind froh, dass wir diesen Platz haben“, sagt er überzeugt.Der Goerdelerplatz liegt zwischen dem Ende der Leuschnerstraße, nördlich, und der Seiler- und Blücherstraße, die in südlicher Richtung verlaufen. Was sich im Lauf der Jahre geändert hat, ist die Namensgebung. So begann der Platz seine Karriere als Ruprechtplatz und erinnerte damit an den Kronprinzen Ruprecht von Bayern, Sohn des letzten bayrischen Königs Ludwig III. Dessen vollständiger Titel lautete übrigens „Königliche Hoheit Rupprecht Maria Luitpold Ferdinand Kronprinz von Bayern, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben, Pfalzgraf bei Rhein“ – ein Name, der sogar die Ausmaße des Platzes an seine Kapazitätsgrenzen geführt hätte.

Die Machthaber des Dritten Reichs benannten die Freifläche um. Sie wurde fortan sechs Jahre lang als „Ostmarkplatz“ geführt und erhielt gleich nach dem Krieg den Namen des 1945 umgebrachten Widerstandskämpfers und ehemaligen Leipziger Oberbürgermeisters Carl Friedrich Goerdeler.

Ein bisschen hat Thomas Schulte-Hobein all diese Veränderungen mitgemacht, wenn auch selbstverständlich nicht selbst. Aber sein „Gasthaus zur Jägerlust“ erlebte in den rund 140 Jahren des Bestehens als eines der ältesten Gasthäuser der Stadt alle Umbenennungen, machte ab dem Jahr 1905 selbst eine kleine Metamorphose durch: Mit der Übernahme durch die Familie Maffenbeier wurde aus der „Jägerlust“ nach und nach „de Maffe“. Obwohl eine Zusatzbezeichnung nach wie vor auf den Treffpunkt der Jäger verweist. Für den heutigen Inhaber Schulte-Hobein hat auch der Platz vor allem eine Bedeutung: „Als Gastronomiebetrieb ist er für uns als Parkplatz wichtig.“ Trotzdem spiele der dortige Markt noch immer eine kleine Rolle in seinen Planungen, schmunzelt er: „Es gab schon einige Gäste, die ihr Auto freitags stehen ließen und sich gewundert haben, dass es abgeschleppt wurde, weil sie auf der Platzhälfte standen, auf der samstags noch immer der Markt stattfindet.“

Ein müder Abklatsch früherer Märkte, sagt Ortsvorsteher Priolo. „Ich kann mich noch erinnern, dass ich mit meiner Oma samstags über den Markt gelaufen bin und wir eine Stunde dafür gebraucht haben, weil alle paar Schritte jemand für ein Gespräch stand.“ Vergangene Zeiten. Trotzdem sei der Markt vor allem am Samstag noch eine wichtige Anlaufstelle. „Man bekommt hier immer noch alles“, erklärt Anwohnerin Rosalia Wafzig, die den Platz seit 1957 kennt. Und das gelte nicht nur für den Markt alleine, sondern gerade für die umliegenden Geschäfte. Zahnarzt, Ärztehaus, Sparkasse, Friseur, Kosmetikstudio, Supermarkt, Bäckereien, Kiosk, Gaststätte, Bestattungshaus, und auch die Kirchen sind gerade einmal einen Steinwurf entfernt – der Goerdelerplatz bildet das gesamte Leben ab.

„Er ist nach wie vor der zentrale Platz des Stadtteils“, fasst Antonio Priolo die unterschiedlichsten Bedeutungen zusammen, symbolisiert durch die Stele, auf der alle Vereine des Stadtteils verewigt sind. Und der Ortsvorsteher kann sich auch mit der am wenigsten glamourösen Form des Daseins abfinden: „Auch als Parkplatz ist er für den enorm belasteten Hemshof sehr wichtig.“

Ein Parkraum, der den Standort auch nicht nur für die Gastronomie, sondern auch für den Handel attraktiv macht. „Es lebt sich hier seit fast 30 Jahren nicht schlecht“, berichtet Apotheker Jochen Hitschler. „Die Umstände hier sind relativ stabil geblieben, die Sanierung vor ein paar Jahren hat dazu beigetragen. Der Platz ist eben lebendig und multikulturell – genau wie der gesamte Hemshof.“ Und die insgesamt rund 40 Platanen werten die Ökobilanz der heutigen urbanen Altstadt ein wenig auf. Eine Bedeutung ist Antonio Priolo außerdem noch ganz wichtig: „Wo sollten wir denn sonst unser Hemshoffest feiern, wenn nicht auf dem Goerdelerplatz?“

(Rheinpfalz vom 17.01.2017)

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