Schulsozialarbeit

Veröffentlicht am 27.06.2013 in Pressemitteilung

Am 25.06.13 fand ein Pressegespräch zum Thema Schulsozialarbeit statt. Frau Heike Scharfenberger (Fraktionsvorsitzende, schulpolitische Sprecherin), Frau Anke Simon (MdL, jugendpolitische Sprecherin) und Herr Holger Scharff (sozialpolitische Sprecher), stellten dabei die Problematik der unsicheren Zukunft der Schulsozialarbeit in den Ludwigshafener Schulen auf Grund der Beendigung des Bildungs- und Teilhabepaketes BuT dar. Dazu hat die Fraktion auch einen öffentlichen Brief an die zuständige Bundesministerin Frau Dr. Ursula von der Leyen geschrieben mit der Bitte, dieses mehr als bewährte Programm weiter zu führen. Ebenso haben wir die Problematik auch der zuständigen Ministerin Frau Irene Alt auf Landesebene dargestellt.

 

Sehr geehrte Frau Dr. von der Leyen,

mit diesem Brief wenden wir uns heute an Sie, um unserer Besorgnis bezüglich der Nachhaltigkeit des Einsatzes von Schulsozialarbeitern Ausdruck zu geben. Anhaltender Projektstatus, unsichere Finanzierung und ungenügende Planungssicherheit werfen immer wieder einen Schatten auf die so wertvolle Arbeit, die in diesem Bereich geleistet wird.

Eine gute Schule muss heute auch die Lebensumwelt von Kindern und Jugendlichen in ihren Unterricht und ihre erzieherische Arbeit einbeziehen. Besonders an den Schulen geht die veränderte gesellschaftliche Entwicklung nicht spurlos vorbei. Unsere Schulen werden seit den 90er Jahren mehr und mehr als wichtiger Lebensort von Kindern und Jugendlichen begriffen, der weit mehr als reiner Lernort ist.

Dabei ist Schulsozialarbeit eine zusätzliche Ressource, die die pädagogische Qualität der Schule weiterentwickeln hilft und das Repertoire pädagogischer Arbeitsformen und Lernchancen erweitert. Dabei ist  festzustellen, dass 2/3 aller erzieherischen Hilfen mithin auch einen schulbezogenen Anlass haben (Quelle: "ism-Studie zu den Erziehungshilfen in Ludwigshafen").

Schulsozialarbeiter begleiten die Schüler/innen durch ihren Schulalltag über mehrere Jahre hinweg und stellen dabei zusätzliche pädagogische Unterstützung für die Schule dar, die damit über ihren eigenen Regelauftrag hinausgehende Zielsetzungen, Aktivitäten, Methoden und Herangehensweisen bieten kann. Die Lebenswelt und Probleme aus den unterschiedlichen Blickwinkeln von Lehrern und Schulsozialarbeitern betrachtet, ist nicht nur im Interesse von Schülern, Eltern und Lehrern und folgt dem gemeinsamen Ziel: der Verbesserung der Lebens- und Entwicklungsbedingungen von Kindern und Jugendlichen (§ 1 III, Nr. 4 KJHG). Sondern auch die Vernetzung bestehender Angebote von Jugendamt und freien Trägern der Jugendhilfe sowie Vereinen, Betrieben, Kirchen und dem Arbeitsamt etc. durch den Schulsozialarbeiter  und damit auch die Entwicklung und Koordinierung regionaler Netzwerke und lokaler Bildungslandschaften bietet den Schülern die Perspektive, sich während und auch nach der Schulzeit in seinem sozialen Umfeld zu orientieren.

Schulsozialarbeit fördert aktiv die Chancen auf Teilhabe und verbessert die Bildungssituation junger Menschen konkret. Diese werden frühzeitig unterstützt, um die Anforderungen in der Schule besser meistern zu können, einen Schulabschluss zu erhalten und den Übergang in den Beruf zu bewältigen.

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit setzt sich seit langem für den Ausbau und die Absicherung der Schulsozialarbeit ein. Hierbei wird deutlich, dass die Notwendigkeit des Ausbaus nicht nur von den Schulen, der Jugendhilfe, von Eltern und Schülern/‐innen herausgestellt  wird – er wird auch von der Politik in Bund und Ländern bejaht.

In Ludwigshafen haben wir bisher sehr gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Schulsozialarbeiter gemacht. Diese sind mit hohem Engagement an vielen Schulen tätig und haben hier auch zu einem erfolgreichen Zusammenwachsen von Schulen (Realschule+ oder auch Einrichtung einer dritten IGS) beigetragen. Im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung wird zusätzlichen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern eine Schlüsselrolle zugedacht. Die Aufgaben sind in einem gemeinsamen Erlass der drei zuständigen Ministerien vom 7. Juli 2011 geregelt. Grundlage ist die Abstimmung der verschiedenen sozialarbeiterischen Tätigkeiten bei Schulen, Kommunen und freien Trägern der Jugendhilfe.

Bis zum Jahr 2013 sollten unter anderem rund 3.000 neue Stellen für die Schulsozialarbeit geschaffen werden. Diese zusätzlichen Stellen halfen die Situation bis 2013 zu entschärfen. Sie schaffen allerdings auch Begehrlichkeiten und legen hohe Standards vor.

Mit Hilfe des Bildungs- und Teilhabepaket konnten die Stellen in Ludwigshafen aufgestockt werden, sodass ein Großteil der Schulsozialarbeiter nämlich 9 von 19 ausschließlich über dieses Programm finanziert werden. 

Im Überblick sind dies 14,5 Personaleinheiten verteilt auf 14 Frauen und 5 Männer. Sie arbeiten an 36 Schulen mit 7.326 Mädchen  und 7.510 Jungen. Dies entspricht einer Gesamtschülerzahl von 14.836.

Im Jahr 2012 konnten im Rahmen der Einzelfallhilfe 940 Schüler/innen erreicht werden; das entspricht 6,3 % aller Schüler der 36 Schulen.

Ein Jugendlicher, der dank der Schulsozialarbeit und deren individuellen Hilfe durch die frühe Wahrnehmung von Problemen keine bzw. nur niederschwellige Hilfe zur Erziehung erhalten muss, oder der im Idealfall nicht straffällig geworden ist und damit keine Konsequenzen in der Strafverfolgung, der Jugendgerichtshilfe in kommunaler Trägerschaft oder gar des Strafvollzuges verursacht hat, spart der Kommune erhebliche Kosten. Dies kommt auch dem Gemeinwesen, dem Miteinander in unserer Stadt zugute. Jeder Jugendliche, jedes Kind, das keine vollstationäre Hilfe zur Erziehung dank der kompetenten Arbeit der Schulsozialarbeiter in Anspruch nehmen muss, macht demnach den Schulsozialarbeiter an seiner Schule bereits mehr als bezahlt!

Zusätzlich konnten im Rahmen von Projektarbeit 3.885 Schüler/innen in und mit Klassen erreicht werden; das entspricht 26 % aller Schüler der 36 Schulen. Damit partizipiert die ganze Schulgemeinschaft von dem Einsatz.

Als Beispiel für die enorme Bedeutung von Schulsozialarbeit sei hier die Schillerschule genannt, wo seit 18 Jahren Schulsozialarbeit installiert ist. Hier gibt es seit Jahren keine vollstationären Hilfen nach § 34 mehr. Das ist ein deutlicher Wirkfaktor, der sich menschlich auswirkt und haushalterisch sehr einfach nachzurechnen ist.
Leider ist die Schulsozialarbeit momentan mehr als gefährdet. Befristete Stellen lassen keine Planungssicherheit zu. Dies gilt insbesondere für die Schulentwicklung in Bezug auf Realschule plus und IGS. Das Übergangsmanagement von Grundschulen in weiterführende Schulen ist damit nicht weiter umsetzbar.

Dies hat auch eine hohe Verunsicherung bei Schulleitungen und Kollegien zur Folge, was deutlich in Gesprächen und im Schriftverkehr festzustellen ist.

Dies wird daher problematisch, da es unklar bleibt, wie die Personalstellen ab 2013 zu finanzieren sind, wenn die Bundesmittel wieder auslaufen.

Sowohl für die Verwaltung als auch für die Schulen und vor allem für die Schulsozialarbeiter selbst bedeutet die Befristung ein enormer Mangel an Planungssicherheit: Die Schulsozialarbeiter müssen sich ab Sommer arbeitssuchend melden; die Schulen wissen nicht, wie lange sie noch Schulsozialarbeit anbieten können und die Verwaltung kann die Zusammenarbeit zwischen Schulsozialarbeit und Jugendhilfe auf lange Sicht nicht planen.

In dieser ungewissen Situation ist eine berufliche Umorientierung der äußerst fähigen Schulsozialarbeiter in Richtung anderer Städte oder anderer Arbeitsgebiete zu befürchten.

Vor allem die Schulentwicklung in Bezug auf Realschule plus und IGS, die neue Problemfelder auch für die Schulsozialarbeit mit sich bringen wird, macht aber langfristige Planungssicherheit zur Erstellung und Durchführung von Projekten unentbehrlich.

Auch das sehr erfolgreiche Übergangsmanagement von Grundschulen in weiterführende Schulen ist ohne die Planungssicherheit nicht mehr umsetzbar.

Aufgrund der dargestellten Problemlage muss es langfristig das Ziel sein, möglichst alle Schulsozialarbeiterstellen im Stellenplan als feste Stellen einzuplanen und eine sich jedes Schuljahr wiederholende Befristung zu beenden. Wir müssen uns zum Ziel setzen ein dauerhaftes Konzept zu entwickeln, um die Schulsozialarbeit aus dem Projektstatus in ein nachhaltiges Programm zu integrieren.

Auch der Hauptausschuss des Deutschen Städtetages beschloss einvernehmlich die Forderung zu der Finanzierung der Schulsozialarbeit im Mai 2013.

In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder auf Grund der angespannten finanziellen Situation des Bundes, des Landes und der Kommunen auf die Kosten hingewiesen. Zwar müsste allein der Hinweis auf die geleistete Präventionsarbeit ausreichend sein, um den Einsatz von Schulsozialarbeitern in allen Schulen zu rechtfertigen. Lässt man sich aber auf die Argumentation mit Kosten ein, so muss man selbst hier feststellen, dass die Kosten erstaunlich gering sind. So kostet zum Beispiel die Schulsozialarbeit in Ludwigshafen bei der momentanen Ausstattung 17 Cent je Schüler und Kalendertag. Ein Einzelfall in der Schulsozialarbeit kostet am Tag 2,66 € ausgehend von 940 Einzelfällen oder 0,52 € ausgehend von 4.825 erreichten Schülern. Setzt man jetzt diese Kosten in den Vergleich mit  anderen Angeboten, so sprechen die Zahlen ebenfalls für sich:  So kostet zum Beispiel ein Integrationshelfer in der Schule 200,00 € je Schultag je Kind / Jugendlicher, eine Tagesgruppe mit Beschulung kostet 85,00 €  je Kalendertag je Kind / Jugendlicher und zum Beispiel das sehr erfolgreiche Programm „Nuggets“ an der IGS Gartenstadt kostet 42,00 €  je Kalendertag je Kind / Jugendlicher. Natürlich kann Schulsozialarbeit nicht alle diese Programme ersetzten. Aber der Einsatz macht sich auf Grund des niederschwelligen Ansatzes erwiesenermaßen bezahlt.

Das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung hat sich bewährt und sollte unbedingt weiter geführt werden. Dies fordert auch der Deutsche Städtetag ausdrücklich. Auf Grund der Tatsache, dass bei weitem nicht alle Mittel bis Ende 2013 ausgegeben sein werden, sollten zumindest die restlichen Gelder für Schulsozialarbeiter eingesetzt werden.

Zum Erreichen einer deutlichen Planungssicherheit ist aber eine nachhaltige Finanzierung unumgänglich.

Aus diesem Grund ist eine Zusage der weiteren Fortführung des Programms zum jetzigen Zeitpunkt notwendig. Ein weiteres Abwarten bis nach den Bundestagswahlen bewirkt, dass gute Programme nicht mehr weitergeführt werden und deren Nachhaltigkeit mehr als gefährdet ist. Diese Unsicherheit ist für alle Beteiligten unerträglich.

Denn Hauptziel der Bildungs- und Jugendpolitik ist es, allen Kindern und Jugendlichen bessere Bildungschancen zu verschaffen.

Wir bitten Sie, unser Anliegen zu unterstützen, denn eine gute schulische Ausbildung ist eine sichere Zukunftsinvestition im Interesse der Allgemeinheit.

 

Mit freundlichen Grüßen

Heike Scharfenberger

Fraktionsvorsitzende

 

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